Serial Murders

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NACHMITTAG 5:30PM, SOUTHAMPTON HEDGE END, SAINBURY SUPERMARKET.

Porter war mal wieder einkaufen, als er das riesige Schlachtschiff auf dem Parkplatz entdeckte. Ein weißer Cadillac. Porter war beeindruckt, besonders sein eingebauter Neid, der von der freundlicheren Sorte, begann Löcher in seinen vorderen Gehirnlappen zu schießen. Wer legt sich denn sowas zu? Doch nicht gesetzestreue Bürger? Das konnte doch nur ein Zuhälter sein oder ein Bankräuber, der nun seine unrechtmäßig erworbenen Reichtümer in aller Öffentlichkeit vorführte. Ganz schön blöde, Porter rieb seine kurzsichtigen Augen. Ach, eine Frau übte sich am Steuer des Schlachtschiffes und versuchte gerade umständlich in einen der markierten Parkplätze zu kommen. Eine Blondine, klar Kriminelle bevorzugten immer Blondinen. Porter unterdrückte ein hämisches Lachen, jetzt konnte sie nicht einmal aussteigen.

Dieses Land ist eben nicht für Cadillacs gemacht, Schätzchen. Zu seiner Überraschung schaffte es die Blondine sich aus dem Auto zu quetschen. Ich vergaß, es mußten nicht nur Blondinen sein, sondern magersüchtige Blondinen. Porter notierte sich die Autonummer, Polizisten sind eben nie außer Dienst und hier war er sicher den Anfang eines Falles zu haben. Ein wißer Cadillac mit weißen Ledersitzen? Eine Blondine mit einer weißen Felljacke? Da konnte es sich nur um Kokain handeln. In Porters Vorstellung jegte er schon mit Blaulicht hinter den Bösewichten her und schoß was die Kanone hergab. Ein plötzlicher Stoß riß ihn aus seinen Tagträumen. Er war in den Sicherheitsmann am Eingang gelaufen. Sorry, säuselte Porter und huschte schnell in die Gemüseabteilung. Er wußte, der Sicherheitsmann würde ihm folgen. Sie hatten ihn immer in Verdacht zu klauen.

Aber Porter beschäftigte etwas ganz anderes. Fleisch! Gleich nach dem Aufstehen hatte er einen wichtigen Entschluß gefaßt. Er wollte Vegetarier werden, Schluß mit dem ewigen Rindfleisch. Bis jetzt hatte er nie einen Gedanken an Vegetarier verschwendet. MI5 allerdings war da schon weiter, wie er aus einem kürzlichen Besuch in London wußte, sie hatten Ridfleisch aus dem Speiseplan ihrer Kantine eliminiert. Wie auch immer, die Dinge waren etwas kompliziert geworden. Irgendetwas ging da vor sich und Porter hatte den Verdacht, daß er nicht das geringste daran ändern konnte. Irgendetwas hatte sogar einen Namen: Bovine Spongiform Encephalopathie. Vielleicht könnte er ja den Minister für Landwirtschaft verhaften. All diese Kühe starben plötzlich. Sie fingen an komisch rumzutanzen und dann fielen sie um. Es war nur eine Frage der Zeit und Menschen würden das gleiche tun, Mc Donalds müßte dann wohl umdenken und sich möglicherweise eine Kette von Beerdigungsunternehmen zulegen.

Aber war es denn damit getan Vegetarier zu werden? All das Grünfutter war doch mit DDT und Dioxinen kontaminiert und das beeinträchtigte die Spermaproduktion. Ja, und die Spermaqualität. Deine Kids würden plötzlich ein paar Chromosomen vermissen und dein einziger Trost wäre, daß die Gemeinschaft der Behinderten ständig wuchs. Ja was nun, Kids oder Grünzeug?

Porter wußte nicht wo er anfangen sollte. Er umkreiste die Gemüseabteilung bis er hungrig wurde. Ein schönes Steak würde jetzt gut tun. Sei doch nicht blöd sagte er zum Sicherheitsmann, der gerade um die Ecke kam, ein Mann, ein Wort, oder? Der Sicherheitsmann guckte verdattert und Porter war versucht ihn die Auswahl treffen zu lassen. Vielleicht war er ja in einem früheren Leben Ernährungsberater gewesen. Alles Zeitverschwendung, kurzentschlossen drehte sich Porter um und packte ein paar Sachen ein, die sich später als Brokkoli, Zuchini und Cherrytomaten herausstellten. Ihm war jetzt schon ganz schlecht. Ein Mann, ein Wort, was für ein Schwachsinn.

Als er den Supermarkt verließ entdeckte er den Cadillac wieder wie er gerade die Ausfahrt herausschnurrte. Sein Fall drohte sich in Luft aufzulösen. Schnell quetschte er sich in seinen Morris Marina und nahm die Verfolgung von Blondie in ihrem weißen Monster auf. Natürlich gab es keinen Grund dafür, es war mehr eine „Vegetarisches Essen Vermeidungsbeschattung.“ Es begann zu regnen und er schloß auf.

So weit, so gut, einen Cadillac konnte man kaum übersehen. Warum hatte er nie selbst daran gedacht sich mal einen zu kaufen? Absolut unmöglich, sie würden seine überzogenen Konten und die Cherry Tomaten auf Indizien untersuchen und ihn dann bei vollen Bezügen suspendieren.

Die Befragung der Nachbarn ergäbe, daß er manchmal in den Garten pisste und daß sein Auto genug Öl auf den Driveway abgab um Prospectoren zu interessieren. Die Presse würde Wind bekommen und dann vielleicht das nette Abendkleid in seinem Kleiderschrank entdecken. Als er das Haus vor fünfzehn jahren kaufte, da hatte es schon in aller Unschuld im Kleiderschrank gehangen. Wer würde ihm jetzt glauben. Er sah schon die Schlagzeile: POLIZEI-INSPEKTOR WOLLTE DRAG QUEEN WERDEN!

Plötzlich hielt der Cadillac. Warum fuhren gesetztestreue Bürger nie Cadillacs sondern nur Wüstlinge und Blondinen? Die Blondine kam jetzt auf ihn zugelaufen und fuchtelte mit den Armen.

Sie verfolgen mich doch nicht etwa?

Aber nicht doch Schätzchen, sagte Porter, ich bewundere nur Ihr nettes Fortbewegungsmittel.

Wenn Sie mir weiterhin folgen, rufe ich die Polizei, und dann haben Sie eine Anzeige am Hals wegen sexueller Belästigung. Porter kramte seine Polizeimarke raus.

Tja, und Sie wegen Widerstandes gegen Staatsbeamte, Ihren Namen hätte ich gerne.

Pergola Dempster sagte die Blondine und grinste plötzlich.

Porter stockte der Atem. Pergola Dempster?

Die Blondine nickte: Pergola Dempster, schreib es dir in deinen verdammten Notitzblock.

Porter stammelte ein paar Entschuldigungen und machte eine Kehrtwende. Seine Karriere als Vegetarier hatte einen schlechten Start. Ein Vegetarischer Constable Inspector sollte sich nicht mit der Lieblingstochter des Chief Constable anlegen.

Porters kurzsichtige Augen versuchten angestrengt durch den immer stärker werden Regen zu blicken. Er säufzte: Was ist die Strafe für das Jagen weißer Cadillacs? Klar, ein vegetarisches Abendessen.

NÄCHSTER MORGEN, PORTERS HAUS, 19 SOMERSET AVE, 7:45 AM.

Porter wachte auf und öffnete die Augen. Das Sonnenlicht bahnte sich seinen Weg durch die ungeputzten Scheiben. Porter starrte an die Decke und versuchte sich an diesen vegetarischen Traum zu errinnern. Möhren. Irgendetwas mit Mohrrüben. Er sollte einen Angeklagten identifizieren, aber er konnte nur Mohrrüben sehen. Ein ärgerlicher Richter schrie: „Lebenslänglich für die Mohhrrüben!“ Jetzt wurde er richtig wach und das Sonnenlicht tanzte durch den Raum. Porter versuchte den Traum zu verscheuchen, aber dann erinnerte er sich an das Abendessen. Absolut ausschließlich und komplett vegetarisch! Naja, irgenwie hatte er es genossen, besonders als die Chreey-Tomaten in der Microwelle explodierten.

Und jetzt würde das Müsli drann kommen, die nächste Herausforderung. Er zündete sich eine Kippe an und murmelte: „Keine Steaks mehr, keine Eier mit Schinken, keine Zigaretten?“ Da konnte er doch gleich Schluß machen. Vielleicht sollte er ein Loch in den Garten buddeln und das Müsli darin beerdigen, natürlich auch den 300 Seiten dicken Schmöker über vegetarisches Leben – naja, er hatte ihn gerade aus der Leihbibliothek geholt. Im Buch stand etwas von einem langen Leben und eine eine unglaubliche Bewußseinserweiterung. Gab es ein besseres Bewußsein als das eines Polizeiinspektors? Außerdem hatte Pergola Dumpster gewissermaßen sein Bewußtsein schon erweitert. Sie war wirklich nett, vielleicht ein bischen direkt, aber …. „Momentmal“, brüllte eine Stimme in seinem Inneren, du glaubst doch wohl nicht im Ernst, daß Pergola Demster einen dicken, rotgesichtigen Bullen wie dich jemals gut finden würde!“

Porter stand auf und stolperte die Treppe herunter in die Küche. Er öffnete den Kühlschrank. Zwei einsame Eier und ein ziemlich trockenes Stück Schinken lächelten ihn an. Du meine Güte, lieber ein trockenes Lächeln von einem Stück Schinken, als den geträumten Kuß einer unnahbaren Blondine. Porter gab dem Müsli einen langen bedeutsamen Blick um dann die Eier in die Pfanne zu hauen. Immerhin hab ich es angekuckt, sagte er zu sich selbt.

Das Telefon machte ein Geräusch. Porter nahm ab. „Pergola?“ fragte er, aber es war der Boss, der ihn anschrie: „Ich muß dich melden für konstantes Zuspätkomen, wenn du weiterhin konstant zuspät kommst!“

„Mann,“ antwortete Porter, „ich hab doch noch kein Müsli gehabt“.

„Dann friß dein Müsli gefälligst im Auto, wir haben einen Mordfall“, schrie der Boss weiterhin, „ Du bist sofort da, der Chief Constable ist heute überhaupt nicht glücklich! Mach hinne oder du kannst wieder Strafzettel verteilen.“ Dann legte er auf.

„Aber ich werde meine Milch verschütten“, sagte Porter ins tote Telefon. Manchmal war der Boss wirklich ein gemeines Monster.

Natürlich kam Porter immer zu spät. Es war eines seiner in den Jahren angehäuften Privilegien und die gelegentlichen Versuche des Bosses dieses abzustellen verliehen niemanden eine Medallie. Aber ein Mordfall, das war etwas anderes. Porter beeilte sich hinters Lenkrad zu kommen. Verdammt! Er stieg wieder aus dem Wagen, denn er hatte vergessen den Herd abzustellen, die leeren Milchflaschen vor die Tür und Pergola Demster würde ihn nichtmal mit dem Arsch ansehen, wenn er sich nicht noch die Zähne putzte.

BITTERNE ROAD, 8:55AM, NOCH IMMER AM GLEICHEN TAG.

Porters Büro war nur zwei Meilen entfernt, aber meistens brauchte er eine gute Stunde um hinzukomen. Eines der größten Geheimnisse der Menschheit ist Rushhour. Bitterne Road war dicht, nix bewegte sich mehr. Man konte aussteigen und mit einem der armen Jungs, die zufällig am Straßenrand wohnten, Kaffee trinken. Und dann gesellte sich noch ein anderer Zuspätkommengrund dazu. Der Motor überhitzte. Er mochte keine Staus. Da saß er nun und seine einzige Unterhaltung bestand aus einem geräuschvollen Autokühler. Selbst ein magnetisches Blaulicht würde ihm jetzt nicht weiterhelfen, aber er besaß ja keins. Alle Polizeiinspektoren des Universums besaßen magnetische Blaulichter, sie backten sie aufs Dach und konnten dann wie die Wahnsinnigen Gas geben. Porter hätte nichts dagegen gehabt wie ein Irrer loszurasen. Er würde über die Bürgersteige sausen, unter Fußgängertunnel hindurch, über die Grünflächen und jeden anschreien der ihm im Weg stünde. Insgeheim, das wußte er, war er ein Punk. Aber er konnte kein Punk sein, weil Headquaters ihm kein magnetisches Blaulicht gab. Haushaltsbeschränkungen hieß es. Aber 20 Millionen in einen IBM Computer investieren, das konnten sie. Der große IBM Computer sollte Fingerabdrücke verwalten und vergleichen. Als sie ihn anknipsten stellten sie fest, daß der große IBM Computer einnige Trillionen von Berechnungen in nur einer Sekunde abwickeln konte, aber mit den Fingerabdrücken war das so eine Sache. Die überkorrekten Anzüge von IBM gaben hastige Versicherungen ab: hey, nur ein kleiner Fehler, das haben wir gleich. Nach einem halben Jahr wollte Headquaters lieber sein Geld zurück haben, aber das ging leider auch nicht. Jemand hatte eine dicke Kommision einkassiert und war nach Brasilien verschwunden, oder war es Columbien gewesen? Wie auch immer, die furchtbare Konsequenz war, daß Porter kein magnetisches Blaulicht kriegte.

Der dampfende Kühler legte es nahe den Motor abzustellen. Aber das konnte er nicht tun, weil der heiße Motor dann nicht mehr anspringen würde. Alles was diesen unerfreulichen Morgen zu einem Sonntag machte war der Mordfall. Irgendjemand war mausetot, großartig. Die letzten acht Monate hatte sich Porter damit abgequält sech-oder siebenjährige Autodiebe aufzustöbern. Ein paar Fußgänger waren ihnen in die Quere gekommen und einige davon hatten deshalb jetzt Qartier auf dem Friedhof bezogen. Im eigentlichen Sinne waren es keine Mordfälle. Die Jungs entschuldigten sich damit, sie hätten nicht über die Motorhaube kucken können. Produkt-und Unternehmer-haftung schrieen die Eltern. Die Kids schrieen auch, sie wollten nach hause. Was blieb Porter schon übrig, er wackelte mit seinem Zeigefinger und schickte alle wieder nachhause. Die Gesetztesmacher hatten eben nicht an die Kids gedacht. Deshalb klauten sie weiterhin Autos bis Porter sie aufsammelte, ihnen eine Strafpredigt hielt und dann wieder nach hause schickte. Das ging solange gut, bis die zarten Bubies vierzehn Jahre alt wurden und dann in einer Erziehungsanstalt für gefährdete Jugendliche verschwanden. Von dort verfrachtete man sie auf eine Jacht, segelte mit ihnen einmal um die Welt oder auch zweimal und entließ sie dann zu ihrem ersten Bankraub. Ja was denn, Porter wußte auch keine Antwort. Vielleicht konnte man ja Schwangerschaften anmeldepflichtig machen. Am besten gleich bei der nächsten Polizeistation.

Manchmal hatte er den Verdacht, daß BSE schon seit langem, unbemerkt von der Wissenschaft, menschliche Gehirne verwüstete und erst später wurden die Kühe angesteckt. Wenn Kids zu Entführern, Mördern, Vergewaltigern und Bankräubern wurden, denn stimmte doch etwas auf der Hauptplantine nicht. Hoffentlich kommen wir mit dem Klonen bald weiter, dachte Porter, man könnte dann solche Dinge einfach ausklonen und Polizeiinspektoren würden ein paar Tage mehr Ferien kriegen.

HEADQUARTERS, SOUTHAMPTON, ABOVE BAR, 10:30AM.

Als ob sie die verschwindende männliche Vormacht symbolisierten hatten alle Parkplätze einen dicken Ständer auf dessen oberen Ende ein kompliziertes Gebilde trohnte, man nannte es Parkuhr. Andere waren beschildert: Vegetarischer Inspektor Kohlrübe Mc Hampton oder so. Porters Lieblingsparkplatz war besetzt und er hatte nicht das Previleg eines Schildchens mit: Zuspät kommender Inspektor Porter. Er kurvte eine Viertelstunde im Kreis bis er mit Vollgas in eine der leeren Buchten spurten konnte. Billy der Ticketmann würde ihn vor weiterem Unbill bewahren. Porter hatte ein Abkommen mit Billy. Für ein paar Pints im nahegelegenden Alexandra fütterte Billy die Parkuhren oder ließ sein Ticketbuch stecken. Unglücklicherweise wurde Billy mit der Zeit immer durstiger. Der Sommer war dieses Jahr ungewöhnlich heiß und Billy beklagte sich über einen trockenen Hals. Ein paar doppelte Scotch brachten durchaus Abhilfe, vor allem gegen den Staub, den Billy immer schlucken mußte. Aber das ständige Rumgelaufe machte ihn auch hungrig. Im Alexandra gab es wunderbares Chilli con Carne und das mochte Billy besonders gerne, Chilli con Carne, Eimerweise – ja, und das machte ihn dann wieder durstig. Bald drohte Porters so gut eingefädeltes Parkabkommen in ein finanzielles Desaster zu münden. Er mußte etwas unternehmen. Mit einem hilflosen Grunzen quälte er sich aus dem Wagen um dann schnell ins Headquarter zu flüchten. Billy kam gerade um die Ecke und Porter kritzelte „Billy abmurksen“ in sein immaginäres Notitzbuch. Wenn er nicht bald etwas unternahm würde Billy noch Rollerskates verlangen.

Im 10. Stock angekomen bedankte sich Porter beim Lift. Er war in der Tat dankbar, daß die alte klapprige Schachtel noch Ihren Dienst versah. Eines Tages würde sie mit jemandem in die Tiefe sausen und ihn umbringen. Wenn er das alte Gefährt mit ein bischen Respeckt behandelte würde es ihn vielleicht verschonen. Er betrat das Büro und sah seinen Boss dicht über ein paar Dokumente gebeugt. Porter grüßte, aber der Boss beachtete ihn nicht. Seine ganze Konzentration galt den kleinen Dokumenten, die sich bei genauerem Hinsehen als Rubbelkarten entpuppten. Seit Jahren schon hoffte der Boss 50.000 Pfund zu gewinnen, um dann seinen Abschied nehmen zu können.

„Na, schon was gewonnen?“ frage Porter.

Der Boss schüttelte den Kopf und fuhr fort zu rubbeln.

„Was ist denn mit dem Mordfall?“

Der Boss richtete sich auf und grinste: „Ah ja, also, es gibt keinen Mordfall.“ Er blickte auf seine Armbanduhr. „Du hast es heute 20 Minuten früher geschaft, sehr beachtlich, aber nicht gut genug. Wir müßen das wirklich noch ein bischen üben.“

PERGOLA DEMPSTERS HAUS, HUNTINGTON AVE, CHANDLERS FORD, EIN TAG ZUVOR 8:30PM

Pergola hielt mit quitschenden Reifen vor ihrer Einfahrt. Die Nachbarn hatten sich daran gewöhnt und schauten schon lange nicht mehr aus den Fenstern oder kamen zur Tür rausgerannnt um „Oh, ein Cadillac“ zu rufen. „Undankbares Pack“, knurrte sie und ließ die Wagentüre extra laut zufallen. Sie hätte ihn gerne in die Garage gefahren, aber britische Garagenbauer hatten ehr an Minis, Cortinas und Ford Anglias gedacht, von Cadillacs wagten sie nicht einmal zu träumen. Pergola stackste ins Wohnzimer wo die weiße Angora sie mit einem vorwurfsvollen Blick begrüßte. Pergola warf ihre Handtasche, die weiße Felljacke und die Autoschlüssel unachtsam in die Gegend und sank mit einem Seufzer auf das weiße Ledersofa. Pergola liebte Weiß, vielleicht weil es die Farbe der Unschuldigen war oder vielleicht, weil sie imer ein schlechtes Gewissen hatte und nicht wußte warum. Sie griff sich das weiße Telefon und wählte eine Nummer.

„Ich bins“ jodelte sie.

„Was gibts“, antwortete eine mürrische Stimme, die ihrem Freund Fred gehörte.

Sie erzählte ihm die Begegnung mit Porter.

„Hmm“, sagte Fred.

„Ist das irgendwie verdächtig?“ fragte sie.

„Weiß nicht“, sagte Fred, „vielleicht verkaufen wir den Caddy.“

„Nein,“ rief Pergola, „er ist doch mein Liebling!“ Und dann stampfte sie mit dem Fuß auf dem weißen Teppich auf, „nur über meine Leiche.“

Fred wußte, daß er die Kuh jetzt vom Eis holen mußte.

„Darling, ich kaufe dir auch eine neue Felljacke.“

„Sei kein Idiot,“ sagte Pergola, wenn du den Caddy verkauftst reiß ich die die Eier ab! Jetzt wo wir damit aufgefallen sind ist es umso verdächtiger, wenn wir ihn loswerden.“

„Meinetwegen,“ antwortete Fred, „aber versprich mir den Constable Inspektor in Ruhe zu lassen.“

„Ich habe eine Idee!“

„Du hast eine Idee?“ frage Fred leicht ungläubig.

„Was hälst du davon, wenn ich den Inspektor nicht in Ruhe lasse.“ Vielleicht kann ich etwas aus ihm rausquetschen – so kleine Ermittlungs-Interna? Hängt er irgendwo ab?“

Fred schwieg einen Augenblick. „Das kann ins Auge gehen, Darling.“

„Kann aber auch ne Menge Spaß machen und noch dazu nützlich sein.“

„Meinetwegen, versuch dein Glück,“ sagte Fred resigniert. „Der sitzt immer im Alexandra.“

„Du bist ja so ein Schatz!“ jodelte Pergola.

„Jaja,“ sagte Fred und hängte auf.

Pergola ging in die Küche um die Katze zu füttern.

„Miau.“ Sgate die Katze.

„Hi Pus,“ sagte sie. „Die Jungs denken immer ich sei blöd.“

„Miau.“ Sagte die Katze.

„Nein, bin ich nicht. Jetzt werde ich ein bischen Dreck aufwühlen, Spaß wirds machen, die Blonde und das Ungeheuer! Wann hat er wohl das letzte mal eine Frau getroffen?“ Sie lachte. „In einer Sekunde hab ich ihn rum, er wird zwitschern und uns reich machen.“

Sie fuhr fort der Katze ihren Kriegsplan zu erklären. Die Katze kümmerte sich lieber um ihr Futter, hörte aber gleichzeitig zu, multitasking, wie eben alle Katzen. Der Schlachtplan enthielt allerdings nichts Aufregendes. Wie richtet man weibliche Körperteile her damit den Jungs die Augen aus dem Kopf fallen?. Die Katze sah sie kurz an. „Vorsicht Darling, du hast es hier mit einem Inspektor zu tun, die riechen Unrat schon von weitem.“ Dann setzte sie sich hin und leckte sich die Pfoten. „Vielleicht lädst du deinen Inspektor zum Essen nachhause ein, das wirkt besser als zurechtgemachte Brustwarzen.“

Pergola verstand nur Miau und stemmte ihre Fäuste in die Hüften.

„Hey, weißt du was das Futter gekostet hat? Drei Pfund und du hast nur die Hälfte aufgegessen!“

Wenn beide nur den Inhalt der Katzenfutterdose besser gekannt hätten. Die ungeheure Masse der an BSE krepierten Kühe hatten den Katzenfutterherstellern kürzlich gute Profite beschert. Natürlich sollten die Kühe verbrannt werden, aber die Verbrennungsanlagen schafften es einfach nicht. Die Manager der Verbrennungsanlagen waren hocherfreut, als ein paar diskrete Herren ihnen half die Flutwelle von Kadavern, in der sie zu ertrinken drohten, zu meistern. Nun, es gab Journalisten, denen diese plötzliche Effizienz der Verbrennungsanlagen zu denken gab. Sie vermuteten, daß die BSE-Kühe in Afrika landeten. Gute Idee, sagten die Manager der Verbrennungsanlagen, aber so was machen wir doch nicht. Es ist unsere nationale Pflicht Nachtschichten einzulegen. „Millionen toter Kühe verpesten unsere britische Luft!“ hieß die Schlagzeile am nächsten Morgen. Damit konnten die Manager der Verbrennungsanlagen leben und die Hersteller von effektiven Luftfiltern freuten sich über die plötzliche Aufmerksamkeit die ihre Produkte genossen.

Pergola schnippte noch ein bischen Eis in ihren Martini und ging hinaus in den Garten. Sie manövrierte ihren netten Hintern auf einen der weißen Gartenstühle aus Plastik und legte die Füße auf den weißen Plastiktisch. Die Katze folgte ihr und sprang auf ihren Schoß. Pergola bot ihr einen Martini an, aber die Katze lehnte höflich ab. Beide schauten auf ein kleines Viereck einfach zu pflegenden Rasens. Ein Barbeque Grill stand in einer der Ecken rum und war wohl noch nie benutz worden. Die Vorbesitzer hatten ihn von ihren Vorbesitzern geerbt und dagelassen. Wahrscheinlich hatte er da schon gestanden bevor das Haus gebaut worden war. Ein paar in Regenwasser badende Grillkohlen stellten den vergeblichen Antrag doch mal bitte angezündet zu werden. Eigentlich wollte Pergola den Grill wegschmeißen, aber man konnte ja nie wissen. Sie hatte so ein Ahnung. Sobald sie ihn weggeschmissen hätte würden plötzlich ein paar Leute zum Grillen kommen. Jedesmal, wenn sie auf der Waranda saß, wollte sie ihn wegschmeißen um es dann doch nicht zu tun. Pergola dachte an Fred, ihren Freund. Er war groß und blond, sah gut aus und war reich. Pergola liebte die teuren Spielzeuge. Die Qelle seines Reichtums war allerdings ein bischen beunruhigend. Anfänglich hatte sie sich keine Gedanken gemacht, aber eines morgens war sie hellhörig geworden. Fred hatte in einem Teil seines geräumigen Anwesens ein Tonstudio untergebracht. Sie hatte an der Tür gesessen und ein Unterhaltung mit dem Steuerinspektor angehört. Dieser hatte Fred bedauernd auf die Schulter geklopft: „Keine Sorge, junger Freund, mit einer viertel Millionen in den Miesen werden Sie von uns erstmal eine Weile nichts hören. Wie kommt es, daß Ihre Investoren solche Engelsgeduld haben, sind das alles Lottokönige?“ Fred versuchte berückt dreinzuschauen. „Ich krieg das schon hin,“ sagte er um dann, als der Steuerinspektor gegangen war, in einen unkontrollierten Lachkrampf auszubrechen. Zunächst hatte sie sich nichts dabei gedacht, aber dann wurde offensichtlich, daß Fred keinen reichen Onkel hatte, sondern anscheinend schlechte Gesellschaft bevorzugte. Seine Geschäftsfreunde waren zwar allesamt gut gekleidet und hatten gute Manieren, aber als einem von ihnen eine Neun-millimeter-wasimmerauch-Pistole aus dem Sacko glitt, da fielen Pergola endlich die Tomaten von den Augen. Ausgerechnet sie, die Lieblingstochter vom Chief Constable Inspektor war plötzlich Mitglied eines Drogenkartells. Es gab ein paar häßliche Augenblicke, aber Fred schwor bei seinem nichtexistierenden Onkel, daß er mit Drogen nichts am Hut hatte. „Darling,“ hatte er sie mit Tränen in den Augen angefleht, „ich mach doch nix Ungesetzliches, ich biete doch nur einen Service an.“

MISSGLÜCKTE JAGD IN HAREFIELDS SHRUBBS 13:30PM, EINEN TAG SPÄTER.

Kevin stolperte durchs Unterholz. Nicht weit hinter ihm konnte er die Meute hören wie sie ihn verfolgte. Sie schrieen herum und machten Krach wie eine Horde Affen. Offensichtlich hatten sie seine Spur verloren. Komplette Vollidioten. Allerdings waren sie besser trainiert als Kevin und auf offener Straße hätten sie kurzen Prozeß gemacht. Harefield Shrubbs war etwas anderes. Es war nicht eigentlich ein Wald oder ein Park oder ein Städteplaners „wasmachichblosdamit“, sondern ein Areal von großen Eichen, Büschen und Farnen, das um Somerset Ave und die anliegenden Hochhauskomplexe herumwuchs. Es hatte Tümpel und geheimen Mülldeponien, Schleichpfade und Fuchslöcher. Es war immerhin groß genug um sich darin zu verstecken und einen Atomschlag auszusitzen. Kevin warf sich in eine Art Erdloch. Er war das einzige übergewichtige Kind in der Klasse und somit auch das Ziel der Bullies. Die Jungs die ihn verfolgten waren allerdings keine Möchtegernbullies, es waren Professionelle Gangster. Wenn man sie dummerweise auf der Straße traf zahlte man Straßensteuer und wenn man dazu noch ein erfolgreiches Geschäft betrieb, wie Kevin mit seinen Hamstern, dann forderten sie auch noch Einkommenssteuer. Man konnte ihnen nur entkommen wenn man eine ganze Ecke älter war oder ganz gut in einen Kampfsport beherrschte. Dann sagten sie: heute haben wir mal einen guten Tag und ließen einen in Ruhe. Kevin hatte nur zwei Optionen: seine Ersparnisse herzugeben oder in einem Krankenhaus zu landen. Heute allerdings hatte er eine dritte Option gewählt und das war laufen. Bis die Jungs mitgekriegt hatten was er machte, waren er schon außer Sichtweite und im Wald verschwunden. Durch die Zweige seines Verstecks konnte er sie umherrennen sehen.

Hallo Fettschwein, schrie Mickey, komm raus oder wir machen dich fertig.

Schweigen.

Du kannst dich nicht für alle Ewigkeiten verstecken.

Schweigen.

Wenn wir dich kriegen wirst du arm drann sein!

Schweigen.

Eine Weile fuhr Mickey fort, aber sein Worschatz selbst an Schimpfwörtern, Beleidigungen und Drohungen war etwas begrenzt und so hörte er bald auf, rief seine Cronies und war verschwunden.

Kevin bleib noch fast eine Stunde in seinem Erdloch. Das war überhaupt nicht einfach. In der Army wäre das eine gute Übung gewesen, aber ohne Chips war das schlicht die Hölle. Er stellte sich vor er könnte seinen Hamstern einen Zaubertrank verabreichen damit sie sich in Monster verwandelten und dann Hackfleisch aus Mickey und seinen Freunden machten. Mickey war 2 Jahre älter als Kevin und man konnte ihn fast für einen 17järigen halten obwohl er erst 11 Jahre alt war. Kevin dagegen war nur horizontal gewachsen. Er hätte Mickey leicht mit seinem Gewicht überrennen können, aber das nützte nichts weil Mickeys Hilfs-Sheriffs Peter und Ray dann gleich über ihn herfallen würden. Sie waren trainierte Karate Kids und machten nie Gefangene. Mickey ließ sich selten zu irgendwelchen Schlägerein herab, dafür hatte er Peter und Ray. Ohne sie war er nur ein Würstchen, ein verwöhntes Muttersöhnchen. Kevin wurde klar daß er etwas unternehmen mußte, aber was nur? Er dachte an den armen Leslie der sich letztes Jahr im Dachboden aufgehängt hatte. Alle dachten er hätte den Druck der Jahresprüfungen nicht mehr ausgehalten, aber das war nicht der Grund gewesen. Damals hatte Kevin daran gedacht alles seinen Eltern zu erzählen. Stattdessen war er an Mickeys Platz gegangen und hatte ihm richtig die Meinung gesagt. Er war außer sich vor Wut. Die Aktion hatte ihm dann einen gebrochen Arm und doppelte Einkommenssteuer eingebracht und jetzt stand er wirklich vor einem Dilemma. Naja, er könnte ja im Erdloch bleiben, mit der Zeit ein Dach drüber bauen und sich von Beeren und Käfern ernähren. Das wäre zumindest eine gute Abmagerungskur. Der erste Regen würde das Loch allerdings in einen Swimminpool verwandeln. Was könnte er noch tun? Seine Eltern schieden aus. Und was war mit diesem Nachbar Porter? Der schien eine Art Cop zu sein. Es war unehrenhaft sich bei den Eltern zu beschweren und eine Todsünde die Polizei einzuschalten aber jetzt hatte er wohl keine andere Wahl als sich Hilfe zu holen oder alle Rippen gebrochen zu kriegen. Kevin wartete noch zwanzig Minuten bevor er aus seinem Erdloch kroch. Die Klasse würde ihn als Verräter ansehen, aber es war allemal besser ein Verräter zu sein als von einem Dachbalken herunterzubaumeln oder anderen Kids Videospiele zu kaufen. Kevin sah an sich herunter. Verdammt, seine Mutter würde die Hände über dem Kopf zusammenschlagen: Weißt du was eine neue Schuluniform kostet? Ja, das wußte er, fünf und einhalb Hamster.

ZUHAUSE BEI PORTER, AM NÄCHSTEN TRÜBEN TAG, 9:30AM.

Porter wachte auf. Die Wolken hatten die Sonne verschluckt und wollten sie auch nicht mehr rausgeben. Der Wecker hatte auch einen schlechten Tag und sich erst garnicht bemüht loszulegen. Mann, schon wieder verschlafen, wie konnte er nur. Ein Bick aus dem Fenster sagte alles. Dunkle Gewitterwolken fegten über den Himmel und bald würde es auch Headquarters dämmern, daß ihr fähigster Polizist noch an der Matratze horchte. Porter grapschte nach dem Telefon und wählte 112. Das ist ein Notfall, sagte er, kann mich jemand mit Inspektor Tom Dickson ganz schnell verbinden?

Eine rauchige weibliche Stimme lachte. Hallo Harry, wetten daß du verschlafen hast? Es war Debbie, die rotharige Schönheit vom Switchboard.

Yap, sagte Porter, tu mir doch den Gefallen.

Yes Sir, kicherte Debbie, und stellte ihn durch.

Tom war sauer.

Du ruinierst noch deine Karriere, bellte er. Nächste Wche muß ich die Anwesenheitsliste an den Chief Consstable abgeben. Wenn du so weiternmachst, könnte das dein letztes Jahr in der Tuppe sein.

Ich hoffe doch, knurrte Porter, gibt es irgendewas, ein kleinbischen irgendetwas vielleicht?

Ein Toter in einer Wohnung, sagte Tom, aber sie sind noch nicht sicher ob sie uns behelligen sollen.

Na, dann fahr ich doch mal hin, sagte Porter und schau nach dem rechten. Wenn wir warten bis sie uns den Fall übergeben ist eine Woche vergangen und alle Spuren sind zertrampelt.

Tom machte ein undefinierbares Geräusch.

Nun stell dich nicht so an, ich weiß, der Dienstweg sieht ein bischen anders aus, aber wenn es was für uns zu holen gibt, dann verbummeln wir wenigstens keine Zeit.

Tom schmatzte, was ein Zeichen dafür war, daß er versuchte sein Ghirn einzuschalten.

Nun sag schon was, quängelte Porter, ich fahr rüber und du trägst mich in deine wunderbare Liste für 8 Uhr ein, dann sieht die Statistik auch gleich besser aus.

Tom stöhnte. OK dann mach, aber leg dich nicht wieder mit irgendwelchen Streifenpolizisten an.

Er gab ihm die Adresse und legte auf.

Porter stolperte aus dem Bett. Pünktlichkeit war eines dieser für ihn unbegreifbaren Mysterien. Die Gesellschaft war so wunderbar arbeitsteilig organisiert, all diese Computer halfen dabei, und doch hielten alle an diesem komischen „Neunbisfünfschwachsinn“ fest. In der Folge gab es Staus über das gesamte Universum verteilt. Und wenn jemand, so wie Porter, etwas dagegen unternahm, wurde er in eine Anwesenheitsliste eingetragen und gegebenenfalls gefeuert.

Porter betrachtete seinen im viktorianischen Stil nachgeäfften Kleiderschrank in dem nichts weiter als das besagte Abendkleid hing. Die Vorbesitzer hatten es von ihren Vorbesitzern geerbt, die es von deren Vorbesitzern geerbt hatten und wahrscheinlich hatte es da schon gehangen bevor das Haus gebaut wurde. Porter dachte an die Maurer die zu einem Abendkleid aufblickten das mitten in der Luft hing. Sowas hatten sie noch nicht gesehen und riefen vorsichtshalber den Architekten. Der Architekt hatte gerade sein Studium beendet und dachte man wollte ihn ein bichen foppen. Wer war das? Schrie er und freute sich schon auf sein erstes Machtwort: You are sacked! Aber die Arbeiter schworen beim Barte der Königin, daß es da schon die ganze Zeit gehangen hatte – genau da bei der Außenwand im ersten Stock wo das Schlafzimmer hinkommen sollte.

Ignoriert das Kleid, sagte der Architekt resigniert und stieg in seinen klapprigen Jaguar. Der Commissioner von Hamptshire County Council würde die nächste Abschlagzahlung stoppen und eine Untersuchung anordnen wenn es zu Verspätungen käme. Ein Frauenkleid war keine gute Entschuldigung und so bauten sie das Haus um das Frauenkleid herum und sagten kein Sterbenswörtchen.

Porter liebte sein Haus und wenn es nur für das geheimnisvolle Abendkleid war. Ein altes Haus, zugegeben, in den Fünfzigern nach Qulitätsvorgaben gebaut die niemals existiert hatten. Es hatte Fensterrahmen aus Stahl die so rostig waren, daß er sie liebevoll meine kleine französische Klimaanlage nannte. Um den von dichten Hecken umwachsene Garten hatte sich wohl seit Richard dem III keiner mehr gekümmert. Das Grass wuchs fast mannshoch und im Sommer konnte man glauben man hätte sich in die Seringeti verirrt. Ein Zebra hatte Porter allerdings noch nicht gesichtet, nur Füchse und jede Menge Nacktschnecken. Drei verkümmerte Apfelbäume zeugten von drei ignoranten Vorbesitzern. Porter haßte Traditionen. Die Bäume nahmen jetzt schon zuviel Platz weg und ein vierter hätte das Anwesen vollends ruiniert. Die Küche war zur Straße mit Blick auf einen vergleichbaren ungepflegtenVorgarten gelegen und von dort aus konnte Porter auch das nahegelegene Feindland, die Hochhaussiedlung Little Manhatten bewundern. Little Manhatten stellte eine Bedrohung für die beschauliche Einhaussiedlung in der Somerset Ave dar. Die Zeit in der die Leute ihre Haustüren unabgeschlossen ließen war längst vorbei, aber Somerset Ave besaß immer noch einen Rest altenglischer Kinderstube. Wenn man vorbeikam konnte es leicht passieren, daß man zu einem Schwätzchen und wasimmer auf dem Herd brodelte hereingebeten wurde. Einigen, wie dem alten Crimsby, wurde diese Freundlichkeit zum Verhängnis. Einer der Kids von gegenüber schlug ihm den Schädel mit einer alten gußeisernen Bratpfanne ein. Seine Beute von 5 Pfund investierte er konsequenterweise in Süßigkeiten.

Schon fast außer Atem erreichte Porter die Küche. Warum konnte er nicht einfach in die Hände klatschen und das Frühstück würde serviert? Mit dem Abwasch der sich stapelte wirkte die Küche nicht gerade aufmunternd. Das Stück vertrokneten Schinkens war schon erledigt und Milch gab es auch keine mehr. Da fehlt wohl eine Frau hätte Tom schadenfroh angemerkt und sie hätten wieder einer ihrer langen Diskussionen gehabt. Spaßeshalber hatte Porter für eine Woche die Länge all dieser unnützen Bürogespräche aufgezeichnet und war auf über sechs Stunden gekommen. Wenn ihr fast einen Tag für den Dorfklatsch braucht, dann kann ich auch fast einen Tag zuspätkommen, soll ich vielleicht einen Report an den Chief Constable schicken? Das hatte seine Wirkung nicht verfehlt, aber dann war das Sujet in Vergessenheit geraten und Tom hatte wieder angefangen rumzunerven. Und jetzt war schwarzer Kaffee an der Reihe. Es gab wissenschaftliche Untersuchungen, die schwarzen Kaffee mit so unschönen Sachen wie coronare Verkalkungen und Herzinfarkten in Verbindung brachten, die Milch verschärfte das Problem und Zucker überhaupt war ein Serienkiller, kreuzgefährlich. Porter machte sich also schwarzen Kaffee mit Zucker und zündete sich noch eine Zigarette an. Das war ein Trippeldecker zum Friedhof, jetzt fehlten nur noch ein paar fette Würstchen. Porter widerstand der Versuchung zum Shop in Little Manhatten rüberzusprinten. Er stellte sich vor wie die Betriebsärzte den Sprint gegen die Würstchen abwogen. Würstchen: 2 jahre weniger, Sprint, 3 Monate länger. Alle Leute lebten so schrecklich gesund um dann eventuell in ihrer Badewanne zu ersaufen oder von einem Jugendlichen eins über den Schädel zu bekommen. Man könnte fast zu dem Schluß gelangen, daß schlechte Angewohnheiten letztendlich gesünder waren. Man könnte Kriminalität mit Softeis bekämpfen. Das wäre ein guter Wahlkampftitel für Labour. Die Konservativen dagegen würden ehr Plumpudding vorschlagen.

Nach dem Frühstück ging Porter durch die andere Küchentür in die Garage. Wenn der Morris Marina ein Hund gewesen wäre würde er mit dem Schwanz wackeln und bitten: bring mich um! Wir kriegen dich schon wieder hin, brummte Porter, und öffnete die Motorhaube um ein wenig Kühlwasser nachzukippen. Keine Staus heute, versprach er und quetschte sich hinter das Lenkrad.

Peartree Close war nicht einfach zu finden. Normalerweise ging sie von der Peartree Avenue ab, aber ein übereifriger County Council Vollidiot hatt sie für Autos gesperrt. Wahrscheinlich wieder einer dieser grünen großmäuligen Umweltschützer, die zum Beispiel grünen Strom haben wollten und sich dann über den Anblick von Windmühlen beschwerten. Porter kurvte um einige Blocks, bis er in Sichtweite von Peartree Close kam. Die Nummer 15 war eine Wohnung im zweiten Stock …